Elektrotechnik

Luft- und Raumfahrttechnik Bachelor, 1. Semester

David Straub

Elektrotechnik – Straub

Organisatorisches

Elektrotechnik – Straub

Gliederung des Kurses

  1. Einführung (Physikalische Größen, Einheiten)
  2. Das elektrische Feld (Ladungen, Kräfte, Felder, Potential, Spannung, Kapazität, Kondensatoren)
  3. Gleichstrom (Stromstärke, Widerstand, Stromkreisberechnungen, Energie, Leistung)
  4. Magnetismus (Feld in Vakuum und Materie, Kräfte, magnetischer Kreis)
  5. Elektromagnetische Induktion (Induktion, Selbstinduktion, Energie)
  6. Wechselstrom (Komplexe Wechselstromrechnung, Schaltungen, Leistung)
  7. Drehstrom (Dreiphasensystem)
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Einführung

  1. Physikalische Größen
  2. Internationales Einheitensystem (SI)
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Physikalische Größen

... sind messbare Eigenschaften eines Systems.

Skalare Größen: werden durch einen Zahlenwert und eine Einheit beschrieben.

Beispiele:

  • (Zeit)
  • (Masse)
  • (Temperaturdifferenz)
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Rechnen mit Einheiten

  • Nur Größen mit gleichen Einheiten können addiert oder subtrahiert werden

  • Bei Multiplikation/Division von Größen werden die Einheiten multipliziert/dividiert

Hinweis: im Textsatz werden Einheiten immer aufrecht geschrieben, Variablen kursiv.

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Vektorielle physikalische Größen

... sind physikalische Größen, die durch einen Betrag und eine Richtung beschrieben werden. Der Betrag wird durch einen Zahlenwert und eine Einheit beschrieben.

Der Zahlenwert des Betrags ist immer positiv.

Beispiele:

  • (Geschwindigkeit)
  • (Beschleunigung)
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Das Internationale Einheitensystem (SI)

Basisgröße Größensymbol Dimensionssymbol Einheit Einheitenzeichen
Zeit Sekunde s
Länge Meter m
Masse Kilogramm kg
Elektrische Stromstärke Ampere A
Thermodynamische Temperatur Kelvin K
Stoffmenge Mol mol
Lichtstärke Candela cd
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Naturkonstanten und SI-Einheiten

Konstante Beschreibung Exakter Wert Einheit
Strahlung des Caesium-Atoms 9 192 631 770 Hz
Lichtgeschwindigkeit 299 792 458 m/s
Planck-Konstante 6,62607015 × 10−34 J·s
Elementarladung 1,602176634 × 10−19 C
Boltzmann-Konstante 1,380649 × 10−23 J/K
Avogadro-Konstante 6,02214076 × 1023 mol⁻¹
Photometrisches Strahlungsäquivalent 683 lm/W
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Abgeleitete Einheiten

Von den Basisgrößen lassen sich durch mathematische Operationen abgeleitete Einheiten bilden.
Beispiele für abgeleitete Einheiten:

  • Kraft:
    (Newton)

  • Energie/Arbeit:
    (Joule)

  • Leistung:
    (Watt)

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Dimensionsanalyse

Jede physikalische Größe hat – unabängig von Einheit oder Zahlenwert – eine Dimension, die beschreibt, wie die Größe aus den Grundgrößen zusammengesetzt ist.

Beispiele:

  • Geschwindigkeit:
  • Kraft:
  • Winkel: (dimensionslos)

Beide Seiten einer Gleichung müssen dieselbe Dimension haben!

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SI-Präfixe (alltäglich)

Faktor Name Präfix Faktor Name Präfix
Dezi d Deka da
Zenti c Hekto h
Milli m Kilo k
Mikro µ Mega M
Nano n Giga G
Piko p Tera T
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SI-Präfixe (nicht alltäglich)

Faktor Name Präfix Faktor Name Präfix
Femto f Peta P
Atto a Exa E
Zepto z Zetta Z
Yokto y Yotta Y
Ronto r Ronna R
Quecto q Quetta Q
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µ & °C: praktische Tipps

  • Mikro: µ (griechischer Buchstabe "My")

    • Deutsches Tastaturlayout: AltGr + m
  • Grad Celsius: °C (Gradzeichen + Großbuchstabe C)

    • Deutsches Tastaturlayout: Shift + ^ + C

Nur in Systemen, die diese Schriftzeichen nicht unterstützen (ASCII) laut DIN 66030:2002-05:

  • µ -> u
  • °C -> Cel
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⚠️ Nicht-SI-Einheiten in der Luftfahrt ✈️

Immer noch weit verbreitet:

  • Flughöhe in Fuß 🦶
    • 1 ft = 0,3048 m
  • Entfernung in Seemeilen 🚢
    • 1 NM = 1852 m
  • Geschwindigkeit in Knoten 🪢
    • 1 kt = 1 NM/h = 1,852 km/h
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Mars Climate Orbiter

https://www.youtube.com/watch?v=MfavzjbZzl8

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Das elektrische Feld

  1. Elektrische Ladung
  2. Coulomb’sches Gesetz
  3. Elektrisches Feld im Vakuum
  4. Feldlinien und Gauß’sches Gesetz
  5. Elektrisches Feld in Materie
  6. Potential, Spannung, Arbeit
  7. Homogenes Feld und Kondensatoren
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Die vier fundamentalen Wechselwirkungen

  1. Gravitation 🪐
    • Hält das Sonnensystem zusammen – wirkt auf Masse
  2. Elektromagnetismus ⚡
    • Hält Atome und Moleküle zusammen – wirkt auf elektrische Ladung
  3. Starke Wechselwirkung 🎨
    • Hält Atomkerne zusammen
  4. Schwache Wechselwirkung ☢️
    • Verantwortlich für radioaktiven Zerfall
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Elektrische Ladung (electric charge)

  • Alle Materie besteht aus Elementarteilchen, von denen einige elektrische Ladungen tragen
  • Elektrische Ladungen treten in zwei Arten auf: positive und negative Ladungen (Vorzeichen: Konvention!)
  • Gleichnamige Ladungen stoßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an
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Aufbau der Materie

  • Atome bestehen aus positiv geladenen Protonen, neutralen Neutronen und negativ geladenen Elektronen
  • Protonen und Neutronen bilden den Atomkern
  • Elektronen bewegen sich in der Atomhülle um den Atomkern
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Elementarladung

  • Elektrische Ladungen sind immer ganzzahlige Vielfache der Elementarladung (Definition des Coulombs)
    • Elektron: (!)
    • Proton:
    • Up-Quark: , Down-Quark:
  • Man sagt, die Ladung sei quantisiert
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Coulumb’sches Gesetz – Experiment

https://www.youtube.com/watch?v=9mFlELwuctI

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Coulomb’sches Gesetz (Coulomb’s law)

  • Experimente haben gezeigt, dass die Kraft zwischen zwei Punktladungen und proportional zur Größe der Ladungen und umgekehrt proportional zum Quadrat ihres Abstands ist
  • Mathematisch wird dies durch das Coulomb’sche Gesetz beschrieben:

ist abhängig vom Einheitensystem. Im SI-System gilt: , wobei die elektrische Feldkonstante ist, .

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Analogie zur Schwerkraft

Newtonsches Gravitationsgesetz: Kraft zwischen zwei Himmelskörpern

: Gravitationskonstante,

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Beispiel: Relative Stärke von Coulomb- und Gravitationskraft

  • Proton: ,
  • Elektron: ,
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Elektromagnetismus im Alltag

Fast alle alltäglichen physikalischen Phänomene werden von der elektromagnetischen Wechselwirkung bestimmt!

Die Gravitation spielt nur eine Rolle, da

  • es keine negativen Massen gibt -> immer anziehend
  • die elektrischen Ladungen von Elektronen und Protonen exakt aufheben
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Elektrische Feldstärke (electric field [strength])

  • Ein elektrisch geladenes Teilchen übt eine Kraft auf andere elektrisch geladene Teilchen aus
  • Diese Kraft ist umso größer, je größer die Ladung der Probeteilchen ist
  • Elektrische Feldstärke: Kraft pro Ladungseinheit, die auf eine Probeladung wirkt

Feld = ortsabhängige physikalische Größe (Vektorfeld/Skalarfeld)

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Elektrisches Feld einer Punktladung

Die elektrische Feldstärke im Abstand einer Punktladung ist:

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Feldlinien

  • Die Feldlinien eines elektrischen Feldes sind Linien, die die Richtung und Stärke des Feldes darstellen
  • Sie verlaufen von positiven zu negativen Ladungen und zeigen die Richtung der Kraft an, die auf eine positive Probeladung wirken würde
  • Die Dichte der Feldlinien ist proportional zur Stärke des elektrischen Feldes: Je dichter die Linien, desto stärker das Feld
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Superpositionsprinzip

Das elektrische Feld mehrerer (diskreter) Ladungen ist die Vektorsumme der Felder der einzelnen Ladungen

Übergang zu kontinuierlicher Ladungsverteilung: Integral

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Feldlinien: Beispiele

  • Punktladung
  • Zwei gegensätzliche Punktladungen (Dipol)
  • Zwei gleichnamige Punktladungen
  • Positiv geladene Ebene
  • Zwei entgegengesetzt geladene Platten (Plattenkondensator)
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Elektrische Flussdichte (electric flux density)

Fluss durch eine Fläche :

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Elektrische Flussdichte einer Punktladung

Die elektrische Flussdichte im Abstand einer Punktladung ist:

Für eine konstante Flussdichte auf der Fläche gilt:

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Fluss durch geschlossene Oberflächen

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Satz von Gauß (Gauss’s law)

Der elektrische Fluss durch eine geschlossene Oberfläche ist gleich der eingeschlossenen Ladung:

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Beispiel: Kugelsymmetrische Ladungsverteilung

Für eine Punktladung im Zentrum einer Kugel mit Radius gilt:

Daraus folgt:

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Beispiel: Unendlich langer, gerader Leiter

Für einen unendlich langen Leiter mit Linienladungsdichte verwenden wir eine zylindrische Oberfläche (Radius , Länge ).

Symmetrie: ist radial und konstant auf der Mantelfläche

Ergebnis:

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Elektrisches Feld in Materie

  • In nicht oder schwach leitenden Materialien können elektrische Felder zu Polarisation führen.
  • Bei der Polarisation richten sich die positiven und negativen Ladungen innerhalb des Materials unter dem Einfluss des elektrischen Feldes neu aus.
  • Dies führt zu einer Verschiebung der Ladungszentren und erzeugt ein internes elektrisches Feld, das dem äußeren Feld entgegenwirkt.
  • Solche polarisierbaren Materialien nennt man Dielektrika.
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Abschwächung des elektrischen Feldes in Dielektrika

Definition:

mit Permittivitätszahl (auch relative Permittivität). Beispiele:

Material
Luft 1,00059
Gummi 2,5–3,5
Glas 5–7
Destilliertes Wasser 81
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Elektrische Flussdichte in Dielektrika

Konvention: man vereinbart, dass die elektrische Flussdichte sich immer auf das durch die freien Ladungen erzeugte Feld bezieht.

Polarisation

heißt daher auch (veraltet) Elektrische Verschiebungsdichte (electric displacement field).

Vorteil: der Satz von Gauß gilt unverändert, wenn man nur die freien Ladungen berücksichtigt:

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Elektrische Arbeit

Bewegung einer positiven Probeladung im Feld einer positiven Punktladung

: : Arbeit wird freigesetzt
: : Arbeit muss aufgebracht werden

Vgl. Mechanik:

Hier: ist abhängig von !

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Elektrische Arbeit und Potential

Integral:

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Elektrisches Potential einer Punktladung

Das elektrisches Potential im Abstand von einer Punktladung :

Einheit: (Volt)

Punkte gleichen Potentials bilden Äquipotentialflächen.

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Analogie: Gravitationspotential

Potentielle Energie bzgl. Referenzhöhe:

  • Höhenlinien sind Äquipotentiallinien
  • Die Kraft wirkt immer in Richtung des stärksten Gefälles (senkrecht zu den Äquipotentiallinien)
  • Die „Feldlinien“ sind nie in sich geschlossen
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Potentialfelder

Elektrostatische Felder sind Potentialfelder oder auch wirbelfreie Felder. Für sie gilt:

  • Feldlinien beginnen und enden auf Ladungen („Quellen“ oder „Senken“)
  • Feldlinien sind nie in sich geschlossen
  • Das Feld lässt sich als Gradient (Richtungsableitung) eines Skalarfeldes (Potential) darstellen

Weitere Beispiele für Potentialfelder:

  • Schwerkraft auf der Erdoberfläche (2D)
  • Schwerkraft zwischen Himmelskörpern (3D)
  • Wärmefluss in Festkörpern (1D, 2D, 3D)
  • Grundwasserstrom (3D) (nur solange die Strömung wirbelfrei ist!)
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Spannung & Arbeit

Elektrische Spannung (electric voltage)

Die elektrische Spannung ist definiert als Potentialdifferenz:

Einheit: (Volt)

Elektrische Arbeit (electric field work)

Die elektrische Arbeit ist das Produkt aus Ladung und Spannung:

Einheit: (Joule)

Die elektrische Arbeit ist unabhängig vom Weg!

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Beziehung zwischen elektrischem Feld und Spannung

Für die elektrische Spannung gilt allgemein:

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Homogenes elektrisches Feld

Ein homogenes elektrisches Feld ist durch konstante Feldstärke und parallele Feldlinien gekennzeichnet.

Wichtige Eigenschaften:

  • Konstante Feldstärke in Betrag und Richtung
  • Parallele Feldlinien
  • Äquipotentialflächen stehen senkrecht zu den Feldlinien
  • Die Spannung zwischen zwei Punkten ist , wobei der Abstand in Feldrichtung ist
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Homogenes Feld mit dem Satz von Gauß: linke Seite

Unendlich ausgedehnte, gleichmäßig geladene Ebene mit Flächenladungsdichte

Gesucht: Elektrische Feldstärke im Abstand von der Ebene

Ansatz: Anwendung des Satzes von Gauß mit einem zylindrischen Gauß'schen Volumen

Gauß'sche Fläche: Zylinder mit Grundfläche und Achse senkrecht zur geladenen Ebene

  • Mantelfläche:
  • Grundflächen:

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Homogenes Feld mit dem Satz von Gauß: rechte Seite

Eingeschlossene Ladung:

Satz von Gauß:

Ergebnis: Das Feld ist homogen und unabhängig vom Abstand zur Ebene.

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Kondensatoren (capacitors)

Kondensatoren sind elektrische Bauelemente, die elektrische Ladung speichern können.

Die gespeicherte Ladung für eine gegebene Spannung wird bezeichnet als:

Kapazität (capacitance)

Einheit: (Farad)

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⚠️ Kapazität ≠ Kapazität

Die Kapazität (capacity) einer Batterie ist eine Ladungsmenge!

z.B.:

Nicht zu verwechseln mit der Kapazität (capacitance) eines Kondensators in Farad!

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Plattenkondensator

Kapazität steigt mit:

  • Fläche der Platten
  • relativer Permittivität des Dielektrikums
  • Abnahme des Plattenabstands
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Kugelkondensator

Ein Kugelkondensator besteht aus zwei konzentrischen leitenden Kugelschalen mit den Radien (innen) und (außen).

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Kugelkondensator: Herleitung mit dem Satz von Gauß

Elektrisches Feld (Satz von Gauß):

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Kapazität des Kugelkondensators

Spannung zwischen den Kugeln:

Kapazität:

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Zylinderkondensator

Ein Zylinderkondensator besteht aus zwei koaxialen leitenden Zylindern mit den Radien (innen) und (außen) und der Länge .

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Zylinderkondensator: Herleitung mit dem Satz von Gauß

Gesucht: Elektrisches Feld zwischen den Zylindern

Ansatz: Satz von Gauß mit zylindrischer Gauß'scher Fläche (Radius , Länge )

Symmetrie: Das Feld zeigt radial nach außen, konstant auf Zylinderflächen

  • Mantelfläche:
  • Grundflächen:

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Zylinderkondensator: Elektrisches Feld

Aus dem Satz von Gauß:

Ergebnis: Das elektrische Feld nimmt mit ab.

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Zylinderkondensator: Spannung und Kapazität

Spannung zwischen den Zylindern:

Kapazität:

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Energie im Kondensator

Im elektrischen Feld eines Kondensators ist Energie gespeichert, die bei Entladung wiedergewonnen werden kann.

Während des Aufladevorgangs nimmt die Spannung mit der Ladung kontinuierlich zu:

Die beim Aufladen gespeicherte Energie berechnet sich zu:

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Parallelschaltung von Kondensatoren

Bei der Parallelschaltung von Kondensatoren addieren sich die Kapazitäten:

Eigenschaften:

  • Gleiche Spannung an allen Kondensatoren
  • Die Gesamtladung ist die Summe der Einzelladungen

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Reihenschaltung von Kondensatoren

Bei der Reihenschaltung von Kondensatoren addieren sich die Kehrwerte der Kapazitäten:

Eigenschaften:

  • Gleiche Ladung auf allen Kondensatoren
  • Die Gesamtspannung ist die Summe der Einzelspannungen

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Kondensatoren mit inhomogenen Dielektrika 1

Wenn ein Plattenkondensator aus zwei Bereichen mit unterschiedlichen Dielektrika besteht, berechnet sich die Gesamtkapazität als:

Dies entspricht einer Parallelschaltung von zwei Teilkondensatoren.

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Kondensatoren mit inhomogenen Dielektrika 2

Wenn ein Plattenkondensator aus zwei hintereinander liegenden Schichten mit unterschiedlichen Dielektrika besteht, berechnet sich die Gesamtkapazität als:

Dies entspricht einer Reihenschaltung von zwei Teilkondensatoren.

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Übersicht: Größen im elektrischen Feld

Größe Definition Einheit
Elektrische Ladung (electric charge)
Spannung (voltage)
Kapazität (capacitance)
Elektrische Feldstärke (electric field [strength])
Elektrische Flussdichte (electric flux density) = [Di-]Elektrische Verschiebungsdichte (electric displacement field)
Elektrische Feldkonstante (electric constant) = Permittivität des Vakuums (vacuum permittivity)
[Absolute] Permittivität ([absolute] permittivity) = Dielektrizitätskonstante
Relative Permittivität (relative permittivity) = Relative Dielektrizitätskonstante dimensionslos
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Quiz: Das Elektrische Feld

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Warum spielt die Gravitation im atomaren Maßstab praktisch keine Rolle?

  • A) Weil Protonen und Elektronen keine Masse besitzen
  • B) Weil die elektromagnetischen Kräfte viel stärker sind als die Gravitationskräfte
  • C) Weil Gravitation nur zwischen Himmelskörpern wirkt
  • D) Weil sie durch Quantenmechanik verboten wird
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Warum sind Atome trotz geladener Bestandteile nach außen elektrisch neutral?

  • A) Weil sich Protonen und Neutronen ausgleichen
  • B) Weil sich die gleiche Anzahl an Protonen (positiv) und Elektronen (negativ) kompensiert
  • C) Weil Elektronen keine Ladung haben
  • D) Weil neutrale Teilchen überwiegen
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Was bedeutet, dass elektrische Ladung „quantisiert“ ist?

  • A) Ladung existiert nur bei Quarks
  • B) Ladung tritt nur in ganzzahligen Vielfachen einer kleinsten Einheit auf
  • C) Ladung kann beliebige Werte annehmen
  • D) Ladung hängt vom Beobachter ab
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Was passiert mit der Kraft zwischen zwei Punktladungen nach dem Coulomb-Gesetz, wenn der Abstand halbiert wird?

  • A) Sie halbiert sich
  • B) Sie vervierfacht sich
  • C) Sie verdoppelt sich
  • D) Sie bleibt gleich
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Was zeigt die Richtung einer elektrischen Feldlinie an?

  • A) Die Bewegung einer negativen Probeladung
  • B) Die Richtung der Kraft auf eine positive Probeladung
  • C) Die Richtung der Polarisation
  • D) Die Richtung minimaler Energie
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Wann ist der Einsatz des Gaußschen Gesetzes besonders sinnvoll?

  • A) Bei beliebigen Ladungsverteilungen
  • B) Bei jeder einzelnen Punktladung
  • C) Bei Systemen mit hoher Symmetrie (z. B. Kugel, Zylinder, Ebene)
  • D) Nur bei negativ geladenen Objekten
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Warum schwächt ein Dielektrikum das elektrische Feld?

  • A) Weil es freie Elektronen enthält
  • B) Weil es durch Polarisation ein Gegenfeld erzeugt
  • C) Weil es Ladung vollständig abschirmt
  • D) Weil es die Permittivität verringert
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Warum ist die elektrische Arbeit beim Bewegen einer Ladung im elektrostatischen Feld wegunabhängig?

  • A) Weil das Feld nur innerhalb von Leitern existiert
  • B) Weil Feldlinien immer geschlossen sind
  • C) Weil es sich um ein Potentialfeld handelt
  • D) Weil die Kraft immer konstant ist
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Was beschreibt das elektrische Potential physikalisch?

  • A) Die Anzahl der Feldlinien
  • B) Die potenzielle Energie pro Ladung
  • C) Die Feldstärke unabhängig vom Ort
  • D) Die Stärke der Polarisation
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Gleichstrom

  1. Stromstärke und Stromdichte
  2. Widerstand und Ohm’sches Gesetz
  3. Stromkreisberechnungen (Kirchhoff’sche Regeln)
  4. Zweipoltheorie
  5. Arbeit & Leistung
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Elektrischer Strom (electric current)

Strom ist der gerichtete Fluss von elektrischer Ladung

  • Stromdichte
    • : Geschwindigkeit positiver Ladungsträger
  • Stromstärke
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Stromrichtung & Ladungsträger

  • zeigt in die Richtung, in die sich positive Ladung bewegt – egal ob die tatsächlichen Ladungsträger positiv oder negativ sind!
  • Das ist auch die Zählrichtung der Stromstärke
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Stromleitung in Metallen

  • In Metallen gibt jedes Atom Elektronen ab, die sich frei im Gitter der positiv geladenen Atomrümpfe bewegen können („Elektronengas“)
  • Die Ladungsdichte der Elektronen ist jederzeit konstant, da eine Ansammlung ein elektrisches Feld erzeugen würde, dass durch Abstoßung der Elektronen wieder ausgeglichen wird -> der Leiter ist überall elektrisch neutral
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Metalle im elektrischen Feld

Klassisches Bild: erfährt das Elektronengas ein elektrisches Feld, werden die Elektronen beschleunigt, nach kurzer Zeit aber durch Stöße mit dem Metallgitter wieder abgebremst. Im Mittel ergibt sich dadurch eine konstante mittleren Geschwindigkeit , die Driftgeschwindigkeit. Sie geht entgegen der Feldrichtung , .

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Zahlenbeispiel: Driftgeschwindigkeit im Kupferdraht

Kupfer, , :

  • Dichte freier Elektronen:
  • Ladungsträgerdichte:
  • Stromdichte:
  • Driftgeschwindigkeit: 🐌
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Elektrische Leitfähigkeit von Metallen (electric conductivity)

  • Erfährt das Elektronengas ein elektrisches Feld, bewegen sich die Elektronen entgegen der Feldrichtung
  • Für ein gegebenes Material ist die Stromdichte umso höher, je höher das elektrische Feld ist
  • Der Proportionalitätsfaktor ist die elektrische Leitfähigkeit des Materials

= Ohm’sches Gesetz (Ohm’s law)

Achtung: die proportionale Beziehung gilt nur für lineare Leiter (z.B. Metalle bei konstanter Temperatur)

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Ohm’sches Gesetz im linearen Leiter

  • Stromdichte muss konstant sein
  • Elektrisches Feld muss konstant sein
  • Potential muss linear abfallen

  • Elektrischer Widerstand (electric resistance)
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Widerstand und Leitwert

Der elektrische Widerstand ist definiert durch das Ohm’sche Gesetz:

Einheit: (Ohm)

Der elektrische Leitwert ist der Kehrwert des Widerstands:

Einheit: (Siemens)

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Materialeigenschaften vs. Bauteilgrößen

Materialeigenschaften (intensiv, unabhängig von Geometrie):

  • Spezifischer Widerstand : Widerstand pro Längeneinheit bei Einheitsquerschnitt
  • Leitfähigkeit : Leitfähigkeit des Materials

Bauteilgrößen (extensiv, abhängig von Geometrie):

  • Widerstand : Widerstand eines konkreten Leiters
  • Leitwert : Leitwert eines konkreten Leiters

Beispiel: Kupfer hat immer die gleiche Leitfähigkeit , aber ein dickeres Kabel hat einen kleineren Widerstand .

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Übersicht der Größen im linearen Leiter

Größe Definition Einheit Name
Spannung (voltage) Volt
Stromstärke (current) Ampere
Widerstand (resistance) Ohm
Leitwert (conductance) Siemens
spezifischer Widerstand (resistivity) Ohm-Meter
Leitfähigkeit (conductivity) Siemens pro Meter
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Temperaturabhängigkeit des Widerstands

Bei den meisten Materialien ändert sich der Widerstand mit der Temperatur.

Kleinsignalverhalten (lineare Näherung):

Dabei ist:

  • der Temperaturkoeffizient des Widerstands (Einheit: )
  • die Bezugstemperatur (üblicherweise 20°C oder 0°C)
  • die aktuelle Temperatur
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Elektrische Leitfähigkeit verschiedener Materialien

Bei Leitern nimmt der Widerstand mit steigender Temperatur zu (positiver Temperaturkoeffizient α > 0).

Typische Werte für einige Leitermaterialien bei 20°C:

Leitermaterial Spez. Widerstand (µΩ·m) Leitfähigkeit (MS/m) Temperaturkoeffizient (1/K)
Silber 0,016 63 3,8 · 10−3
Kupfer 0,017 58 3,9 · 10−3
Aluminium 0,027 38 4,3 · 10−3
Messing 0,062 16 2,0 · 10−3

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Metalle als Temperatursensoren

Die Temperaturabhängigkeit des Widerstands macht Metalle zu präzisen Temperatursensoren.

Platin-Widerstandsthermometer (Pt100):

  • Pt100:
  • Temperaturkoeffizient:

Vorteile von Platin-Sensoren:

  • Hohe Langzeitstabilität
  • Breiter Messbereich (-200°C bis +850°C)
  • Gute Linearität
  • Chemische Beständigkeit
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Stromkreisberechnungen

  1. Die Kirchhoff’schen Gesetze
  2. Zweipoltheorie
  3. Arbeit und Leistung im Gleichstromkreis
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Knotenpunktregel (1. Kirchhoff’sches Gesetz)

In einem Knotenpunkt kann weder Ladung gespeichert noch erzeugt werden. Die Summe aller zufließenden Ströme ist gleich der Summe aller abfließenden Ströme:

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Mathematische Analogie

In einer stationären (zeitlich unveränderlichen) Stromverteilung ist die elektrische Ladung überall konstant. Der gesamte Strom durch jede geschlossene Oberfläche ist Null:

Vgl. Satz von Gauß in Abwesenheit von eingeschlossener Ladung:

(NB: die obige Gleichung folgt nicht aus der unteren – die mathematische Analogie gilt, da sowohl das elektrostatische Feld als auch die stationäre Stromdichte quellenfreie Vektorfelder sind.)

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Maschenregel (2. Kirchhoff’sches Gesetz)

Die Summe aller in einer Masche auftretenden Spannungen ist Null:

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Reihenschaltung von Widerständen

  • Gleicher Strom durch alle Widerstände:
  • Die Gesamtspannung ist die Summe der Einzelspannungen:
  • Gesamtwiderstand ist größer als der größte Einzelwiderstand
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Spannungsteiler

Bei einer Reihenschaltung teilt sich die Gesamtspannung im Verhältnis der Widerstände auf:

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Parallelschaltung von Widerständen

Bei einer Parallelschaltung von Widerständen addieren sich die Leitwerte zum Gesamtleitwert:

Oder mit Leitwerten:

  • Der Gesamtstrom ist die Summe der Einzelströme:
  • Gleiche Spannung an allen Widerständen:
  • Der Gesamtwiderstand ist kleiner als der kleinste Einzelwiderstand
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Parallelschaltung: Herleitung

Wegen der Knotenregel gilt:

Außerdem per Definition:

Es folgt:

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Stromteilerregel

Bei einer Parallelschaltung teilt sich der Gesamtstrom im umgekehrten Verhältnis der Widerstände bzw. im direkten Verhältnis der Leitwerte auf:

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Zweipoltheorie

Ein Zweipol (two-pole) oder Eintor (one-port) ist ein elektrisches Bauteil mit zwei zugänglichen Anschlüssen

Gliederung

  1. Passive lineare Zweipole
  2. Aktive lineare Zweipole
    1. Ideale Spannungsquelle
    2. Ideale Stromquelle
    3. Reale Spannungsquelle
    4. Reale Stromquelle
    5. Äquivalenz von realer Spannungs- und Stromquelle
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Passive lineare Zweipole

  • Passiv: Zweipol gibt keine Energie ab
  • Linear: Strom-Spannungs-Kennlinie ist eine Gerade

Passive lineare Zweipole können zu einem Ersatzwiderstand zusammengefasst werden

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Ideale Spannungsquelle

Eine ideale Spannungsquelle liefert eine konstante Spannung unabhängig von der Belastung.

Eigenschaften:

  • Konstante Klemmenspannung
  • Innenwiderstand
  • Beliebiger Strom möglich
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Ideale Stromquelle

Eine ideale Stromquelle liefert einen konstanten Strom unabhängig von der Belastung.

Eigenschaften:

  • Konstanter Strom
  • Innenwiderstand
  • Beliebige Spannung möglich
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Reale Spannungsquelle

Eine reale Spannungsquelle kann als Reihenschaltung einer idealen Spannungsquelle mit einem Innenwiderstand dargestellt werden.

Eigenschaften:

  • Klemmenspannung nimmt mit zunehmendem Strom ab:
  • Bei Leerlauf: (maximale Spannung)
  • Bei Kurzschluss: (maximaler Strom)
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Reale Stromquelle

Eine reale Stromquelle kann als Parallelschaltung einer idealen Stromquelle mit einem Innenwiderstand dargestellt werden.

Eigenschaften:

  • Strom nimmt mit zunehmender Spannung ab:
  • Bei Leerlauf: (maximale Spannung)
  • Bei Kurzschluss: (maximaler Strom)
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Äquivalenz von realer Spannungs- und Stromquelle

Die reale Spannungsquelle und reale Stromquelle sind äquivalent, wenn folgende Beziehungen gelten:

Umrechnung:

  • Spannungsquelle → Stromquelle:
  • Stromquelle → Spannungsquelle:

Beide Darstellungen beschreiben dieselbe I-U-Kennlinie:

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Reihenschaltung von aktiven, linearen Zweipolen

Bei der Reihenschaltung von realen Spannungsquellen addieren sich die Leerlaufspannungen und die Innenwiderstände:

Anwendung: Batteriepacks in Taschenlampen, Elektroautos
Vorteil: Höhere Gesamtspannung
Nachteil: Höherer Innenwiderstand, bei Ausfall einer Quelle fällt das gesamte System aus

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Parallelschaltung von aktiven, linearen Zweipolen

Bei der Parallelschaltung von realen Spannungsquellen mit gleicher Leerlaufspannung addieren sich die Leitwerte der Innenwiderstände:

Die gemeinsame Leerlaufspannung bleibt .

Anwendung: Notstromversorgung, Batteriepacks für höhere Ströme
Vorteil: Geringerer Innenwiderstand, höhere verfügbare Ströme
Nachteil: Nur bei gleichen Spannungen sinnvoll, Ausgleichsströme bei unterschiedlichen Quellen

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Arbeit und Leistung in Gleichstromkreisen

  1. Elektrische Arbeit
  2. Elektrische Leistung
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Elektrische Arbeit (Energie)

Die elektrische Arbeit ist definiert als das Produkt aus Spannung, Strom und Zeit:

Einheit: (Joule)

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Elektrische Leistung

Die elektrische Leistung ist definiert als elektrische Arbeit pro Zeiteinheit:

Einheit: (Watt)

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Leistungsanpassung

Die Leistungsanpassung beschäftigt sich mit der Frage, bei welchem Verbraucherwiderstand die maximale Leistung aus einer Quelle entnommen werden kann.

Für eine reale Spannungsquelle mit der Leerlaufspannung und dem Innenwiderstand beträgt die Leistung am Verbraucher:

Diese Leistung wird maximal, wenn der Verbraucherwiderstand gleich dem Innenwiderstand der Quelle ist:

Die maximale Leistung beträgt dann:

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Anpassungsverhältnis und Wirkungsgrad

Das Anpassungsverhältnis ist definiert als:

Der Wirkungsgrad gibt das Verhältnis der am Verbraucher umgesetzten Leistung zur Gesamtleistung der Quelle an:

Bei optimaler Leistungsanpassung () beträgt der Wirkungsgrad nur (50%).

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Betriebszustände einer aktiven Quelle

Last Leistung Quelle Leistung Last Wirkungsgrad
Kurzschluß
Unteranpassung
Anpassung
Überanpassung
Leerlauf
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Magnetismus

  1. Magnetisches Feld
  2. Magnetisches Feld in Materie
  3. Kräfte im magnetischen Feld
  4. Magnetischer Kreis
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Elektrizität & Magnetismus

... sind untrennbar verbunden. Eine Konsistente Naturbeschreibung erfordert beide

Grenzfälle:

  • Ruhende Ladungen -> Elektrostatik
  • Konstante Stromverteilungen -> Magnetostatik
  • Langsam bewegte Ladungen & langsam veränderliche Ströme -> Quasistatik
  • Allgemeiner Fall -> Elektrodynamik
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Magnetpole

  • Magnete besitzen immer zwei Pole: Nordpol (N) und Südpol (S)
    • Nordpol = Pol, der auf der Erde nach Norden zeigt
  • Gleichnamige Pole stoßen sich ab, ungleichnamige Pole ziehen sich an
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Kräfte zwischen elektrischen Leitern

Zwei parallele, stromdurchflossene Leiter üben eine Kraft aufeinander aus

Magnetfelder entstehen durch bewegte elektrische Ladungen (Ströme)

Im SI-System gilt mit

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Wichtiger Unterschied zur Elektrostatik

  • In der Elektrostatik haben wir die Feldstärke über die Kraft definiert:
  • In der Magnetostatik geht das nicht so einfach, da die Kraft senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladung wirkt
  • Wir können experimentell die Feldlinien durch die Ausrichtung eines Permanentmagneten (Kompassnadeln) sichtbar machen
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Magnetische Feldlinien

  • Magnetische Feldlinien zeigen in die Richtung, in die sich der Nordpol eines kleinen Testmagneten ausrichten würde: N -> S außerhalb des Magneten
  • Magnetische Feldlinien sind immer geschlossen (keine magnetischen Monopole) oder unendlich lang
  • Die Dichte der Feldlinien ist ein Maß für die Stärke des Magnetfeldes
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Magnetische Flussdichte

Die magnetische Flussdichte zeigt entlang der magnetischen Feldlinien. Ihr Betrag ist proportional zur Dichte der Feldlinien.

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Rechte-Faust-Regel

  • Ein gerader, stromdurchflossener Leiter erzeugt ein ringförmiges Magnetfeld. Wenn der Daumen der Faust in Stromrichtung zeigt, zeigen die gekrümmten Finger in Feldrichtung
  • Alternativ: eindrehen einer Schraube in Stromrichtung -> Drehrichtung der Schraube entspricht der Feldlinienrichtung
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Magnetische Flussdichte eines stromdurchflossenen Leiters

Im Abstand von einem geraden, unendlich langen Leiter:

Einheit: das Tesla

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Einheit Tesla: numerisches Beispiel

Historische Definition des Amperes: Zwei parallele, unendlich lange Leiter im Abstand von 1 m, durch die jeweils 1 A fließen, üben eine Kraft von aufeinander aus ->

Wieviel Ampere müssen durch einen Leiter fließen, um ein Magnetfeld von 1 T in 1 m Abstand zu erzeugen?

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Größenordnung der Magnetischen Flussdichte

Magnet Magnetische Flussdichte B
Erdmagnetfeld 30 µT – 60 µT
Kühlschrankmagnet 1 mT – 10 mT
Magnetstreifen (Kreditkarte) 10 mT – 100 mT
Lautsprechermagnet 100 mT – 1 T
MRT-Gerät 1 T – 3 T
Large Hadron Collider (LHC) 8 T
Fusionskraftwerk 5–15 T
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Permanenter Magnetismus: Ursprung im Elektronenspin

Elektronenspin (intrinsische Eigenschaft):

  • Das Elektron besitzt einen Spin – eine quantenmechanische Eigenschaft ähnlich einem Drehimpuls
  • Man kann sich (vereinfacht) vorstellen: Elektron verhält sich als ob es um die eigene Achse rotiert

Konsequenz:

  • Jedes Elektron ist ein winziger Permanentmagnet
  • Makroskopische Magnete entstehen durch Ausrichtung vieler Elektronenspins
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Kräfte im magnetischen Feld

Lorentzkraft auf bewegte Ladung:

Kraft auf stromdurchflossenen Leiter:

  • Skalar (wenn ):
  • Rechte-Hand-Regel: Daumen = Stromrichtung, Zeigefinger = Feldrichtung, Mittelfinger = Kraftrichtung
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Bewegte Ladung im Magnetfeld

Kreisbewegung:

  • Lorentzkraft wirkt als Zentripetalkraft:
  • Bahnradius:
  • Umlauffrequenz: (unabhängig von !)

Anwendungen:

  • Teilchenbeschleuniger (Zyklotron)
  • Massenspektrometer
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Vergleich: Elektrisches und Magnetisches Feld

Eigenschaft Elektrisches Feld Magnetisches Feld
Feldlinien Beginnen/enden auf Ladungen Enden nie
Quellen Ladungen Keine (keine Monopole)
Wirbel Keine (wirbelfrei) Ströme erzeugen Wirbel
Potential Darstellbar als Gradient Nicht darstellbar
Arbeit Wegunabhängig keine (Magnetostatik)

Elektrostatisches Feld = Quellenfeld, wirbelfrei
Magnetostatisches Feld = Quellenfrei, Wirbelfeld

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Magnetischer Fluss

Der magnetische Fluss durch eine Fläche ist definiert als:

  • Einheit: (Weber)

Da das magnetische Feld quellenfrei ist, gilt für jede geschlossene Fläche:

(Vergleiche: Satz von Gauß, )

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Magnetische Feldstärke

Die magnetische Feldstärke beschreibt die Fähigkeit eines elektrischen Stroms, ein Magnetfeld zu erzeugen.

Zusammenhang mit der magnetischen Flussdichte (im Vakuum):

  • Einheit:

Beispiel:

  • Gerader stromdurchflossener Leiter (Abstand ):
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Durchflutungsgesetz (Ampèresches Gesetz)

Die Summe der magnetischen Feldstärke längs eines geschlossenen Weges ist gleich der Gesamtstromdurchflutung:

Erinnerung: in der Elektrostatik gilt aufgrund der Wegunabhängigkeit des Potentials:

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Vergleich: Gaußsches Gesetz und Ampèresches Gesetz

Berechnung von Feldern mit hoher Symmetrie:

Elektrostatik Magnetostatik
Gaußsches Gesetz Ampèresches Gesetz
Quellenfeld Wirbelfeld
Quellenfreiheit: Wirbelfreiheit:
(Elektrostatische Felder sind wirbelfrei) (Magnetische Felder sind quellenfrei)

Anwendung bei Symmetrie:

  • Gaußsches Gesetz → Kugel-, Zylinder-, Plattensymmetrie für Ladungen
  • Ampèresches Gesetz → Zylinder-, Ebenen-, Toroidsymmetrie für Ströme
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Magnetfeld einer langen Spule

Aufbau: Lange Spule mit Windungen, Länge , Strom

Durchflutungsgesetz:

Im Inneren der Spule:

Außerhalb:

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Beispiel: Magnetfeld in einem Tokamak

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Beispiel: Magnetfeld in einem Tokamak

Ringförmiges Fusionsreaktor-Design mit toroidalem Magnetfeld zum Plasmaeinschluss

Toroidale Feldspulen (TF):

  • Spulen gleichmäßig um den Torus verteilt, Windungen, Strom pro Windung
  • Ampèresches Gesetz auf kreisförmigem Weg (Radius ):

Eigenschaften:

  • Feld nimmt mit ab (inhomogen)
  • Typische Werte:

Beispiel ITER: 18 TF-Spulen, 134 Windungen 68 kA, B = 5,3 T bei 6,2 m Radius

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Magnetisches Verhalten von Materie

Ähnlich wie bei Dielektrika im elektrischen Feld reagiert Materie im Magnetfeld durch Magnetisierung.

Magnetische Dipole in Atomen:

  • Elektronen haben einen intrinsischen Spin (magnetischer Dipol)
  • Bahnbewegung der Elektronen erzeugt Bahnmagnetismus
  • Atomrümpfe können ebenfalls magnetische Momente besitzen
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Magnetische Suszeptibilität und Permeabilität

Die Magnetisierung ist proportional zur magnetischen Feldstärke :

Magnetische Suszeptibilität :

Reaktion auf äußeres Feld:

  • Diamagnetismus: Dipole richten sich gegen das äußere Feld (, )
  • Paramagnetismus: Dipole richten sich mit dem äußeren Feld (, )
  • Ferromagnetismus: Starke Ausrichtung der Dipole (, )
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Magnetische Eigenschaften der Elemente

(S. Zurek, Encyclopedia Magnetica, CC-BY-4.0)

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Diamagnetismus

Eigenschaften:

  • Tritt in allen Materialien auf
  • Magnetische Suszeptibilität: (sehr klein)
  • Relative Permeabilität: (knapp unter 1)

Physikalischer Mechanismus:

  • Externes Magnetfeld induziert Änderung der Elektronenbahnen
  • Erzeugt magnetisches Moment entgegen dem äußeren Feld
  • Effekt verschwindet, wenn Feld abgeschaltet wird

Beispiele: Kupfer, Silber, Gold, Wasser, organische Materialien

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Levitation

Diamagnetische Materialien können in starken Magnetfeldern schweben

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Paramagnetismus

Eigenschaften:

  • Atome besitzen permanente magnetische Dipole
  • Magnetische Suszeptibilität: (klein)
  • Relative Permeabilität: (knapp über 1)
  • Paramagnete werden schwach von Magneten angezogen

Physikalischer Mechanismus:

  • Ohne externes Feld: zufällige Ausrichtung der Dipole (thermische Bewegung)
  • Mit externem Feld: partielle Ausrichtung parallel zum Feld
  • Stärker bei tiefen Temperaturen (Curie-Gesetz: )

Beispiele: Aluminium, Platin, Sauerstoff

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Ferromagnetismus

Eigenschaften:

  • Sehr starke Magnetisierung
  • Magnetische Suszeptibilität:
  • Relative Permeabilität: (bis zu ), viel größer als bei Paramagneten!
  • Spontane Magnetisierung auch ohne externes Feld möglich

Physikalischer Mechanismus:

  • Starke Wechselwirkung zwischen benachbarten Atomen (Austauschwechselwirkung)
  • Bildung von Weiss'schen Bezirken (Domänen)
  • Externes Feld richtet Domänen aus

Beispiele: Eisen, Kobalt, Nickel

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Weiß’sche Bezirke

  • Bereiche mit gleich orientierten magnetischen Dipolen
  • Spontane Magnetisierung innerhalb der Bezirke

Ohne äußeres Feld:

  • Bezirke sind zufällig orientiert → keine Gesamtmagnetisierung

Mit äußerem Feld:

  • Bezirke richten sich aus
  • Bei Sättigung: einheitliche Ausrichtung
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Ferromagnetismus: Hysterese

Kenngrößen:

  • Sättigungsmagnetisierung (1): maximale Magnetisierung
  • Remanenz (2): verbleibende Flussdichte bei verschwindendem äußeren Feld
  • Koerzitivfeldstärke (3): Feldstärke zum Entmagnetisieren
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Harte/weiche Magnete

  • Weiche Magnetmaterialien:

    • Leicht magnetisier- und entmagnetisierbar
    • Anwendung: Transformatoren, Elektromagnete
  • Harte Magnetmaterialien:

    • Behalten Magnetisierung
    • Anwendung: Permanentmagnete, Motoren, Lautsprecher
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Magnetisches Feld und Magnetisierung

Magnetisierung : magnetisches Dipolmoment pro Volumeneinheit

Zusammenhang der Feldgrößen:

Konvention: Die magnetische Feldstärke beschreibt das durch freie Ströme erzeugte Magnetfeld – ohne Beiträge der Magnetisierung des Materials.

Vorteil: Das Durchflutungsgesetz gilt unverändert für freie Ströme:

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Analogie Elektrostatik <-> Magnetostatik

Elektrostatik:

  • Elektrische Flussdichte: (bezieht sich auf freie Ladungen)

  • Vorteil: Das Gaußsche Gesetz gilt unverändert für freie Ladungen:

Magnetostatik:

  • Magnetische Feldstärke: (bezieht sich auf freie Ströme)

  • Vorteil: Das Durchflutungsgesetz gilt unverändert für freie Ströme:

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Analogie der Feldgrößen

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Übersicht: Größen in der Magnetostatik

Größe Definition Einheit
Magnetische Flussdichte (magnetic flux density)
Magnetische Feldstärke (magnetic field [strength])
Magnetischer Fluss (magnetic flux)
Durchflutung (magnetomotive force)
Magnetische Feldkonstante (magnetic constant) = Permeabilität des Vakuums (vacuum permeability)
[Absolute] Permeabilität ([absolute] permeability)
Relative Permeabilität (relative permeability) dimensionslos
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Der magnetische Kreis

Definition: geschlossener Pfad aus ferromagnetischem Material, durch den magnetischer Fluss geführt wird

Relevant in vielen Anwendungen:

  • Elektromotoren (E-Autos, Industrie)
  • Transformatoren (Energieversorgung)
  • Induktives Laden (Smartphones, E-Autos)
  • Sensoren und Aktuatoren
  • Generatoren (Windkraftanlagen)

Problem: Wie dimensioniert man diese Systeme effizient?

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Herausforderung: Komplexe Magnetfelder

Direkter Ansatz wäre kompliziert:

  • Berechnung von -Feldern in 3D
  • Numerische Simulation (FEM) zeitaufwendig

Eindimensionale Lösung: Der magnetische Kreis

Eine mathematische Analogie zum elektrischen Stromkreis:

  • Einfache Berechnungen wie bei Widerstandsnetzwerken
  • Gute Näherung für viele praktische Fälle

Voraussetzung: Magnetischer Fluss „fließt“ hauptsächlich durch ferromagnetisches Material

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Grundidee

Elektrischer Kreis:

  • Spannung treibt Strom durch Widerstand
  • Strom „fließt“ durch Leiter
  • (Ohmsches Gesetz)

Magnetischer Kreis:

  • Durchflutung treibt magnetischen Fluss durch magnetischen Widerstand
  • Magnetischer Fluss „fließt“ durch ferromagnetisches Material
  • (analoges „Ohmsches Gesetz“)

Wichtig: Diese Analogie ist mathematisch, nicht physikalisch!

  • Kein echter „Fluss“ von etwas
  • Aber sehr nützlich für Berechnungen
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Das Durchflutungsgesetz: Unser Ausgangspunkt

Erinnerung: Durchflutungsgesetz (Ampèresches Gesetz) entlang eines geschlossenen Weges:

  • : magnetische Durchflutung
  • : Windungszahl mal Strom in der Spule
  • : magnetische Feldstärke

Interpretation:

  • Die Durchflutung ist wie eine „treibende Kraft“ für das Magnetfeld
  • Entspricht der Spannung im elektrischen Kreis: (wichtiger Unterschied: ist nicht wegunabhängig!)
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Vereinfachung für homogene Kreise

Annahme: Homogener magnetischer Kreis

  • Konstante Querschnittsfläche
  • Ein Material mit konstanter Permeabilität
  • Magnetfeld folgt dem Materialweg

Dann wird das Linienintegral einfach:

  • : konstante magnetische Feldstärke im Material
  • : mittlere Weglänge des magnetischen Pfades

Nächster Schritt: Was hat das mit dem magnetischen Fluss zu tun?

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Der magnetische Fluss

Definition: Integral der magnetischen Flussdichte über eine Fläche

Für homogene Felder und Querschnitte:

Einheit: Weber ()

Physikalische Bedeutung:

  • Maß für die Gesamtzahl der magnetischen Feldlinien durch eine Fläche
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Verbindung

Materialgleichung: Zusammenhang zwischen und

  • : relative Permeabilität (Eisen: )

Einsetzen in den magnetischen Fluss:

Umstellen nach :

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Herleitung des magnetischen Widerstands

Kombinieren wir unsere Gleichungen:

Umschreiben in der Form :

mit dem magnetischen Widerstand:

Das ist das „Ohmsche Gesetz“ des magnetischen Kreises!

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Der magnetische Widerstand: Interpretation

Einheit: (Ampere pro Weber)

Der magnetische Widerstand wird größer, wenn:

  • ✓ Der Weg länger wird (mehr „Strecke“ für den Fluss)
  • ✓ Die Querschnittsfläche kleiner wird (weniger „Platz“)
  • ✓ Die Permeabilität kleiner wird (Material „leitet“ schlechter)

Analog zum elektrischen Widerstand:

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Magnetischer Leitwert (Permeanz)

Alternative Beschreibung: Analog zum elektrischen Leitwert

Einheit: (Henry)

Alternative Formulierung des "Ohmschen Gesetzes":

Interpretation:

  • Der Leitwert gibt an, wie leicht magnetischer Fluss durch ein Material fließt
  • Große Permeabilität → großer Leitwert → viel Fluss
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Zusammenfassung: Die Analogie

Elektrischer Kreis Magnetischer Kreis
Spannung Durchflutung
Stromstärke Magnetischer Fluss
Widerstand Mag. Widerstand
Leitwert Mag. Leitwert

Wichtig: Rein mathematische Analogie, aber sehr nützlich für Berechnungen!

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Komplexere Kreise: Reihenschaltung

Reale Situation: Verschiedene Materialien im magnetischen Pfad

  • Eisenkern verschiedener Querschnitte
  • Luftspalte
  • Verschiedene Materialien (Eisen, Ferrit, ...)

Verhalten wie elektrische Widerstände in Reihe:

Durchflutungsgesetz:

Wichtig: Der gleiche magnetische Fluss durchfließt alle Abschnitte!
(Wie Strom in elektrischer Reihenschaltung)

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Praxisbeispiel: Elektromagnet mit Luftspalt

Typische Anwendung: Schaltschütz, Relais, Hubmagnet

Aufbau:

  • Eisenkern mit Spule ( Windungen, Strom )
  • Einstellbarer Luftspalt der Länge
  • Eisenweg: Länge , Querschnitt
  • Luftspalt: Länge , gleicher Querschnitt

Frage: Wie groß ist der magnetische Fluss ?

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Berechnung: Luftspalt und Eisenkern

Eisenkern:

Luftspalt: ( für Luft)

Gesamtwiderstand:

Magnetischer Fluss:

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Die überraschende Dominanz des Luftspalts

Zahlenwerte (typisch):

  • Eisenweg: cm,
  • Luftspalt: mm

Vergleich der Widerstände:

Der Luftspalt ist 7× wichtiger, obwohl er 300× kürzer ist!

Grund: Die sehr hohe Permeabilität von Eisen

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Praktische Näherung für kleine Luftspalte

Wenn und , dann:

Näherung: Eisenwiderstand vernachlässigbar

Der Luftspalt bestimmt die magnetischen Eigenschaften!

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Elektromagnetische Induktion

  1. Induktionsgesetz
  2. Selbstinduktion
  3. Energie des magnetischen Feldes
  4. Kräfte an Grenzflächen
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Elektromagnetische Induktion: Grundprinzipien

  • Bisher: el. Feld ruhender Ladungen (Elektrostatik) und mag. Feld konstanter Ströme (Magnetostatik)
  • Sobald zeitliche Änderungen auftreten → Wechselwirkung zwischen elektrischen und magnetischen Feldern

Induktion: ein zeitlich veränderliches Magnetfeld erzeugt („induziert“) ein elektrisches Feld

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Induktion: technische Anwendungen

  • Generatoren (Energieerzeugung)
  • Transformatoren (Spannungswandlung)
  • Elektromotoren (Antriebssysteme)
  • Rekuperation bei Elektrofahrzeugen
  • Induktive Ladesysteme (Smartphones, E-Autos)
  • Sensoren (z.B. induktive Näherungsschalter)
  • Induktionsherd
  • Wirbelstrombremsen (Eisenbahn)
  • ...
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Bewegung eines Leiterstücks im Magnetfeld

Lorentzkraft:

Kraft durch elektrische Feldstärke:

Kräftegleichgewicht:

Spannung an den Leiterenden: Mit folgt:

Induzierte Spannung durch Bewegung im Magnetfeld

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Das Induktionsgesetz in allgemeiner Form

Bewegtes Leiterstück: , und jeweils senkrecht zueinander:

Allgemein gilt:

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Zwei Möglichkeiten der Induktion

  1. Bewegungsinduktion: Leiter und Magnetfeld bewegen sich relativ zueinander
  2. Ruheinduktion: Magnetischer Fluss ändert sich bei ruhendem Leiter:

Übergang auf N Windungen:

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Induzierter Strom

Verbindet man die Enden des Leiterstücks über einen Widerstand (der sich nicht mitbewegt), so fließt ein induzierter Strom:

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Die Lenz’sche Regel

Polarität der induzierten Spannung:

Die induzierte Spannung ist stets so gerichtet, dass ein durch sie hervorgerufener Strom der Ursache ihrer Entstehung entgegenwirkt.

Für wirkt der induzierte Strom der Flussänderung entgegen

Erklärung: die Energie, die am Widerstand in Wärme umgesetzt wird, stammt aus der mechanischen Arbeit, die aufgewendet werden muss, um die Flussänderung zu erzeugen – die Lenz’sche Regel ist Ausdruck der Energieerhaltung.

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Das induzierte elektrische Wirbelfeld

Wichtige Erkenntnis: Bei Induktion ist die Spannung keine Potentialdifferenz!

Grund:

  • Das zeitlich veränderliche Magnetfeld erzeugt ein elektrisches Wirbelfeld
  • Dieses Wirbelfeld ist nicht konservativ (im Gegensatz zum elektrostatischen Feld)
  • Es existiert kein Potential mit

Die induzierte „Spannung“ ist vielmehr:

Ein Umlaufintegral entlang der Leiterschleife – das Integral über einen geschlossenen Weg ist nicht Null!

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Vergleich: Elektrostatik vs. Induktion

Elektrostatik (statische Ladungen):

Wirbelfreiheit des elektrischen Felds:

Das elektrostatische Feld ist konservativ → es existiert ein Potential

Elektromagnetische Induktion (zeitlich veränderliches Magnetfeld):

Das induzierte elektrische Feld ist nicht wirbelfrei:

Dies ist das Faraday’sche Induktionsgesetz

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Die fundamentalen Integralgleichungen der Elektrodynamik

Größe Elektro-/Magnetostatik Elektrodynamik
Elektrische Flussdichte
Gauß’sches Gesetz Gauß’sches Gesetz
Elektrische Feldstärke
Wirbelfreiheit Induktionsgesetz
Magnetische Flussdichte
Keine magn. Monopole Keine magn. Monopole
Magnetische Feldstärke (noch nicht behandelt)
Durchflutungsgesetz

Fazit: Zeitlich veränderliche Felder koppeln elektrische und magnetische Phänomene!

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Beispiel: Bewegte Leiterschleife im Magnetfeld

Situation: Rechteckige Leiterschleife (Breite , Höhe ) bewegt sich mit Geschwindigkeit durch homogenes Magnetfeld

Induktionsmechanismus:

  • Beim Eintreten: zunehmender magnetischer Fluss durch die Schleife
  • Vollständig im Feld: konstanter Fluss → keine Induktion
  • Beim Austreten: abnehmender Fluss durch die Schleife
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Selbstinduktion

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Wiederholung: Elektromagnetische Induktion

Faraday'sches Induktionsgesetz:

Magnetischer Fluss durch eine Leiterschleife mit Windungen (Spule)

Zwei Mechanismen der Induktion:

  1. Bewegungsinduktion: Leiter bewegt sich relativ zum Magnetfeld

  2. Ruheinduktion: Magnetfeld ändert sich bei ruhendem Leiter

Lenz'sche Regel: Die induzierte Spannung wirkt ihrer Ursache entgegen (Energieerhaltung)

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Von der Induktion zur Selbstinduktion

Bisher: Externes Magnetfeld induziert Spannung:

Jetzt: Stromfluss durch Spule → eigenes Magnetfeld

Bei Stromänderung ändert sich auch → Induktion in derselben Spule!

Selbstinduktion: Die Spule induziert eine Spannung in sich selbst

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Herleitung der Selbstinduktivität

Ohmsches Gesetz des magnetischen Kreises:

Mit folgt:

Proportionalitätskonstante : Induktivität (Selbstinduktivität)

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Vorzeichen: Klemmenspannung vs. induzierte Spannung

Wichtige Unterscheidung:

  • Induzierte Spannung : Umlaufintegral des elektrischen Wirbelfelds

  • Klemmenspannung : Messbare Spannung zwischen den Anschlüssen

Das Ringintegral wird entgegen der Pfeilrichtung der Klemmenspannung durchlaufen → Vorzeichenwechsel!

Vorzeichenkonvention:

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Induktivität (inductance) einer Spule

Einheit: (Henry)

Zusammenhang zwischen Strom und induzierter Spannung:

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Induktivität bei ferromagnetischen Materialien

  • ist abhängig von ist nicht konstant
  • Effekt wird reduziert durch Spule mit Luftspalt

-> hat kaum einen Einfluss auf bei kleinem Luftspalt

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Reihenschaltung von Induktivitäten

Die induzierten Spannungen addieren sich, der Strom ist überall gleich

Intuition: Spulen verhalten sich wie eine einzige große Spule

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Parallelschaltung von Induktivitäten

Die Spannung ist überall gleich, die Ströme teilen sich auf

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Herleitung: Parallelschaltung von Induktivitäten

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Energie des magnetischen Feldes

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Energiebilanz einer RL-Schaltung

Maschengleichung:

Energie:

Interpretation: Energie wird teils am Widerstand in Wärme umgesetzt, teils im Magnetfeld der Spule gespeichert

Gespeicherte Energie in einer Induktivität:

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Alternative Berechnung der magnetischen Energie

Falls die Induktivität nicht bekannt oder nicht konstant ist:

Gespeicherte Energie des Magnetfeldes:

Interpretation: Die Energiedichte beschreibt die im Magnetfeld gespeicherte Energie pro Volumeneinheit

Anwendung: Bei ferromagnetischen Materialien mit nichtlinearer Kennlinie

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Hinweis: Energieerhaltung bei zwei Permanentmagneten

Situation: Zwei Permanentmagnete mit gleicher Magnetisierung nähern sich an

Bei unendlicher Entfernung:

Bei Annäherung auf Abstand :

Zusammenhang zwischen Arbeit und Kraft

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Hinweis: Energieerhaltung bei zwei Permanentmagneten

Die Änderung der Feldenergie kann als Potential interpretiert werden.

Dies gilt aber nur unter folgenden Bedingungen:

  • Magnetisierung der Magnete bleibt konstant
  • Keine Wirbelströme oder sonstige Verluste
  • Keine elektromagnetischen Wellen werden abgestrahlt
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Kräfte an Grenzflächen

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Herleitung der Maxwell'schen Zugspannung

Situation: Eisenjoch mit Luftspalt der Länge und Querschnittsfläche

Energieänderung bei Spaltvergrößerung:

(Faktor 2: Energie in beiden Luftspalten)

Mit folgt:

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Maxwell'sche Zugspannung

Kraft am einzelnen Luftspalt:

Mechanische Spannung (Kraft pro Fläche):

Anwendungen:

  • Hubmagnete (Kräne, Magnetventile)
  • Elektromagnetische Relais
  • Magnetische Verriegelungen
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Wechselstrom

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Wechselstrom: Grundlagen

Periodische Größen:

  • Sich zeitlich wiederholende physikalische Größen
  • Periodendauer ->
  • Frequenz: , Kreisfrequenz:

Wechselgrößen:

Periodische elektrische Größen mit verschwindendem arithmetischem Mittelwert

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Wechselgrößen: Eigenschaften

Fourier-Analyse: Jede Wechselgröße kann als Überlagerung von Sinusvorgängen dargestellt werden

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Arithmetischer Mittelwert

Definition:

Für sinusförmige Wechselgrößen:

Gilt:

Der arithmetische Mittelwert einer sinusförmigen Wechselgröße ist immer null.

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Gleichrichtwert

Definition:

Für sinusförmige Wechselgrößen:

Der Gleichrichtwert entspricht dem Mittelwert des Betrags der Wechselgröße.

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Effektivwert: Definition

Physikalischer Hintergrund:

  • Derjenige Wert einer Wechselgröße, der in seiner Wirkung bei Energieumformung einem Gleichstrom entspricht

Beispiel:

Allgemeine Definition:

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Effektivwert für Sinusschwingungen

Für sinusförmige Wechselgrößen:

Herleitung:

Ergebnis:

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Effektivwert: Beispiele

Netzspannung:

Haushaltssicherung:

Der Effektivwert wird von Messgeräten angezeigt!

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Zusammenfassung: Kennwerte von Wechselgrößen

Kennwert Definition Formel Für Sinusfunktion
Arithmetischer Mittelwert Zeitlicher Mittelwert über eine Periode
Gleichrichtwert Mittelwert des Betrags
Effektivwert Quadratischer Mittelwert
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Notationskonvention

In diesem Kapitel werden die zeitabhängigen Wechselgrößen mit Kleinbuchstaben bezeichnet:

  • : Spannung
  • : Strom

Großbuchstaben stehen für die zugehörigen Amplituden:

  • : Spannungsamplitude
  • : Stromamplitude
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Zeigerdarstellung

Sinusförmige Wechselgrößen können als rotierende Zeiger in der komplexen Ebene dargestellt werden.

Zeigereigenschaften:

  • Winkelgeschwindigkeit:
  • Länge: (Amplitude)
  • zum Zeitpunkt :
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Komplexe Darstellung

Um Berechnungen zu vereinfachen, können Wechselgrößen als komplexe Größen dargestellt werden. Anstatt mit trigonometischen Funktionen zu rechnen, kann dann die Exponentialfunktion verwendet werden.

Zeitabhängige komplexe Spannung:

Reale Zeitfunktion:

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Komplexe Zahlen: Grundlagen

Imaginäre Einheit (in der Elektrotechnik zur Unterscheidung von Strom als notiert):

Komplexe Zahl:

mit Realteil und Imaginärteil

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Euler’sche Formel

Euler’scher Satz:

Wichtige Spezialfälle:

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Darstellungsformen

Komponentenform (kartesisch):

Polarform (Exponentialform):

Umrechnung:

  • Betrag:
  • Phase:
  • Realteil:
  • Imaginärteil:
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Konjugiert komplexe Zahl

Konjugiert komplexe Zahl :

Eigenschaften:

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Addition und Subtraktion

In Komponentenform:

In Polarform: Umrechnung in Komponentenform notwendig

Addition und Subtraktion erfolgen am einfachsten in Komponentenform!

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Multiplikation

In Polarform:

Beträge multiplizieren, Phasen addieren!

In Komponentenform:

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Division

In Polarform:

Beträge dividieren, Phasen subtrahieren!

In Komponentenform: Erweitern mit konjugiert komplexem Nenner

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📝 Gruppenarbeit: Spannung × Strom

Gegeben:

  • Spannung:
  • Strom:

Aufgaben:

  1. Zeichnen Sie beide Größen als Zeiger im Zeigerdiagramm
  2. Stellen Sie und in kartesischer Form () dar
  3. Wandeln Sie beide um in Polarform ()
  4. Berechnen Sie das Produkt in beiden Darstellungen
  5. Vergleichen Sie die Ergebnisse und diskutieren Sie: Was fällt auf?

Hinweis:

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Wechselstromwiderstände

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Grundelemente im Wechselstromkreis

Die drei Grundelemente im Wechselstromkreis sind:

  • Ohmscher Widerstand R
  • Kapazität C
  • Induktivität L
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Ohmscher Widerstand

Grundgleichung:

Spannungs- und Stromverlauf:

Mit folgt:

Bei ohmschen Widerständen sind Strom und Spannung in Phase.

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Leistung am ohmschen Widerstand

Momentanleistung (für ):

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Mittlere Leistung am ohmschen Widerstand

Berechnung:

Leistung wird ständig verbraucht → Wirkwiderstand

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Wirkleistung und Effektivwerte

Beispiel einphasiges Laden von E-Autos

Ein Elektrofahrzeug wird mit (einphasigem) Wechselstrom bei und geladen.

Berechnung der Wirkleistung:

  • Ladedauer für 40-kWh-Akku: ca. 11 Stunden
  • Falls ->
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Kondensator

Wiederholung

Kapazität definiert als:

Kondensator als Bauteil im Wechselstromkreis

Die Änderung der Ladung ist gegeben durch den Strom :

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Kapazität

Grundgleichung:

Spannungs- und Stromverlauf:

Mit folgt:

Elektrotechnik – Straub

Kapazität - Eigenschaften

Bedingungen für die Gleichheit:

  • Amplituden: bzw.

  • Phasen: bzw.

→ Am Kondensator eilt der Strom der Spannung um voraus.

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Leistung am Kondensator

Momentanleistung (mit und ):

Elektrotechnik – Straub

Leistung am Kondensator - Interpretation

Energiefluss:

  • Positive Leistung: Aufladen des Kondensators
  • Negative Leistung: Entladung des Kondensators

Mittlere Leistung:

Blindwiderstand mit kapazitiver Blindleistung:

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Induktivität

Grundgleichung (Selbstinduktion!):

Spannungs- und Stromverlauf:

Mit folgt:

Elektrotechnik – Straub

Induktivität - Eigenschaften

Bedingungen für Gleichheit:

  • Amplituden: bzw.
  • Phasen: bzw.

→ An der Induktivität eilt die Spannung dem Strom um voraus.

Elektrotechnik – Straub

Leistung an der Induktivität

Momentanleistung (mit und ):

Elektrotechnik – Straub

Leistung an der Induktivität – Interpretation

Energiefluss:

  • Positive Leistung: Energie zum Aufbau des magnetischen Feldes
  • Negative Leistung: Energie durch Abbau des magnetischen Feldes

Mittlere Leistung:

Blindwiderstand mit induktiver Blindleistung:

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Komplexe Darstellung der Wechselstromwiderstände

Elektrotechnik – Straub

Impedanz & Admittanz

Impedanz (komplexer Widerstand):

Admittanz (komplexer Leitwert):

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Impedanz des ohmschen Widerstands

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Impedanz der Kapazität

Strom eilt der Spannung um voraus:

: kapazitiver Blindwiderstand

: kapazitiver Blindleitwert

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Impedanz der Induktivität

Spannung eilt dem Strom um voraus:

: induktiver Blindwiderstand

: induktiver Blindleitwert

Elektrotechnik – Straub

Zusammenfassung: Impedanzen und Admittanzen der Grundelemente

o. Widerstand R Kapazität C Induktivität L
Impedanz Z
Admittanz Y
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Grundschaltungen linearer Wechselstromwiderstände

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Serienschaltung R und L

Komplexe Maschenregel:

Impedanz:

Admittanz:

Betrag und Phase:

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Parallelschaltung R und L

Komplexe Knotenregel:

Admittanz:

Impedanz:

Betrag und Phase:

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Serienschaltung R und C

Impedanz:

Admittanz:

Betrag und Phase:

Elektrotechnik – Straub

Parallelschaltung R und C

Admittanz:

Impedanz:

Betrag und Phase:

Elektrotechnik – Straub

Übersichtstabelle Grundschaltungen

Schaltung
R-L Serie
R-L Parallel
R-C Serie
R-C Parallel
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Leistung bei Wechselstromverbrauchern

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Rückblick: Leistung an R, L und C

Wir haben bereits gesehen:

Am Widerstand R:

  • (Wirkleistung)
  • Energie wird ständig verbraucht
  • Keine Phasenverschiebung:

Am Kondensator C und an der Induktivität L:

  • (Blindleistung)
  • Energie pendelt zwischen Quelle und Feld
  • Maximale Phasenverschiebung:
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Vom Spezialfall zum Allgemeinfall

Bisher betrachtet:

  • Rein ohmsche Verbraucher ()
  • Rein reaktive Verbraucher ()

In der Praxis:

  • Kombinationen aus R, L und C
  • Beliebige Phasenverschiebung

Beispiele:

  • Motor: R-L-Kombination mit
  • Netzteil: R-C-Kombination
Elektrotechnik – Straub

Der allgemeine Fall

Bisher: Ideale Bauteile (nur R, nur L, nur C)

In der Praxis: Kombinationen mit Phasenverschiebung

Spannung und Strom:

Mit

Frage: Wie berechnet man die Leistung bei beliebiger Phasenverschiebung?

Ziel: Vom Spezialfall (R, L, C einzeln) zum Allgemeinfall (beliebige Kombinationen)

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Momentanleistung mit Phasenverschiebung

Die Momentanleistung bei beliebiger Phasenverschiebung:

Mit trigonometrischer Umformung ():

Die Leistung hat einen konstanten und einen oszillierenden Anteil!

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Zerlegung der Momentanleistung

Mit der Umformung :

Mit Effektivwerten , :

Die Leistung oszilliert mit doppelter Frequenz !

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Allgemeine Definitionen

Aus der Zerlegung der Momentanleistung folgen die allgemeinen Definitionen:

Wirkleistung:

Blindleistung:

Spezialfälle (Wiederholung):

  • (nur R): ,
  • (nur L): ,
  • (nur C): ,
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Wirkleistung P

Die Wirkleistung ist der zeitliche Mittelwert der Momentanleistung:

Allgemeine Formel:

wobei und die Effektivwerte sind.

Einheit: Watt [W]

Grenzfälle:

  • (nur R): (maximal)
  • (nur L oder C):
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Wirkleistung: Bedeutung

Was ist Wirkleistung?

  • Die tatsächlich in Arbeit, Wärme oder Licht umgesetzte Leistung
  • Nur der in Phase mit der Spannung schwingende Stromanteil trägt bei

An ohmschen Widerständen:

Praxisbeispiele:

  • Elektromotor: leistet mechanische Arbeit
  • Heizung: erzeugt Wärme
  • Glühbirne: erzeugt Licht
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Blindleistung Q

Die Blindleistung beschreibt den oszillierenden Energiefluss:

Einheit: Voltampere reactive [var]

Physikalische Bedeutung:

Bei induktiven Verbrauchern (Motoren, Transformatoren):

  • : (positiv)
  • Energie wird im Magnetfeld gespeichert und wieder abgegeben

Bei kapazitiven Verbrauchern (Kondensatoren):

  • : (negativ)
  • Energie wird im elektrischen Feld gespeichert und wieder abgegeben
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Blindleistung: Praktische Bedeutung

Problem:
Blindleistung trägt nicht zur nutzbaren Leistung bei, belastet aber das Netz:

  • Höhere Ströme in Leitungen und Transformatoren
  • Erhöhte Verluste:
  • Spannungsabfälle im Netz

Beispiel: Motor ohne Last

  • Benötigt hauptsächlich zur Magnetisierung
  • Hohe Ströme → Netzbelastung

Konsequenz: Industriekunden zahlen oft Strafgebühren bei hoher Blindleistung

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Scheinleistung S

Die Scheinleistung ist das Produkt der Effektivwerte:

Sie beschreibt die Gesamtbelastung des Netzes.

Zusammenhang mit Wirk- und Blindleistung:

Einheit: Voltampere [VA]

Warum wichtig?

  • Generatoren, Transformatoren, Leitungen müssen für dimensioniert sein
  • Nicht für !
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Scheinleistung: Praxisbeispiel

Transformator mit

Szenario 1: Idealer Verbraucher ()

  • nutzbare Leistung

Szenario 2: Schlechter Leistungsfaktor ()

Verlust: 3 kW Wirkleistung durch Blindleistung!

Der Transformator ist voll ausgelastet (), liefert aber nur 70% nutzbare Leistung.

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Komplexe Scheinleistung

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Motivation

Frage: Wie kann man Wirk- und Blindleistung gemeinsam darstellen?

Idee: Nutze die komplexe Darstellung!

Wir haben:

  • Komplexe Spannung:
  • Komplexer Strom:

Naiver Ansatz:

Problem: Die Phasen addieren sich → falsch!

Wir brauchen die Differenz

Lösung: Konjugiert komplexer Strom

Elektrotechnik – Straub

Warum ?

Konjugiert komplexer Strom:

Produkt:

Jetzt stimmt's! Die Phase ist

In kartesischer Form:

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Beispiel: RL-Reihenschaltung

Gegeben: RL-Reihenschaltung

Spannung:

Komplexe Scheinleistung:

Wichtig: ist reell!

Realteil = Wirkleistung am Widerstand R

Imaginärteil = Blindleistung an der Induktivität L

Verallgemeinerung: Dies gilt für beliebige Impedanzen!

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Definition der komplexen Scheinleistung

Die komplexe Scheinleistung ist definiert als:

In Polarform:

mit:

  • Betrag: (Scheinleistung)
  • Phase: (Phasenwinkel)

Alternative Darstellungen:

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Leistungsdreieck und Leistungsfaktor

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Leistungsdreieck

Das Leistungsdreieck visualisiert den Zusammenhang

  • Wirkleistung:
  • Blindleistung:
  • Scheinleistung:
  • Phasenwinkel:
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Leistungsdreieck: Praxisbeispiel

Industriebetrieb:

  • Wirkleistung: (Maschinen)
  • Blindleistung: (Motoren)

Berechnung der Scheinleistung:

Phasenwinkel:

Konsequenz:
Der Transformator muss für ausgelegt sein, obwohl nur genutzt werden!

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Leistungsfaktor cos φ

Der Leistungsfaktor gibt an, wie effizient die Scheinleistung genutzt wird:

Wertebereich:

  • : Ideal (rein ohmsch)
  • : Phasenverschiebung
  • : Rein reaktiv

Je höher, desto besser: weniger Strom, weniger Verluste

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Leistungsfaktor: Typische Werte

Verschiedene Verbraucher:

Verbraucher cos φ Bemerkung
Glühbirne ≈ 1,0 Rein ohmsch
Heizung ≈ 1,0 Rein ohmsch
Motor ohne Last ≈ 0,3 Viel Magnetisierung
Motor Volllast ≈ 0,85 Besser, aber nicht ideal
Transformator ≈ 0,8–0,9 Streuinduktivität
Modernes Netzteil (PFC) > 0,95 Mit Kompensation

PFC = Power Factor Correction

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Kostenaspekt: Warum cos φ wichtig ist

Industriekunden zahlen oft Strafgebühren bei

Gründe:

  1. Höhere Ströme → höhere Verluste im Netz ()
  2. Größere Anlagen nötig (Transformatoren, Generatoren)
  3. Spannungsabfälle im Netz

Beispiel:

  • Bei muss fließen
  • Bei nur
  • Stromreduktion um 26%!

Energieversorger fordern:

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Blindleistungskompensation

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Blindfaktor sin φ

Der Blindfaktor gibt den Anteil der Blindleistung an:

Zusammenhang mit Leistungsfaktor:

Bedeutung:

  • Hoher Blindfaktor → viel Blindleistung
  • Niedriger Blindfaktor → wenig Blindleistung

Ziel: Blindfaktor minimieren durch Kompensation

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Blindleistungskompensation: Das Problem

Problem bei induktiven Verbrauchern (Motoren, Transformatoren):

  • Hohe Blindleistung
  • Niedriger Leistungsfaktor
  • Hohe Ströme belasten das Netz
  • Strafzahlungen drohen

Lösung: Blindleistungskompensation

Idee: Kondensatoren parallel schalten

  • Kondensatoren: (kapazitive Blindleistung)
  • Induktivität: (induktive Blindleistung)
Elektrotechnik – Straub

Blindleistungskompensation: Berechnung

Gegeben:

  • Wirkleistung:
  • Ursprünglicher Leistungsfaktor:
  • Ziel-Leistungsfaktor:

Ursprüngliche Blindleistung:

Ziel-Blindleistung:

Benötigte kapazitive Blindleistung:

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Blindleistungskompensation: Praxisbeispiel

Betrieb mit:

  • (Wirkleistung)

Ursprüngliche Werte:

  • (bei 400 V)

Ziel: (vollständige Kompensation)

Benötigte Kondensatoren:

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Blindleistungskompensation: Ergebnis

Nach Kompensation ():

Verbesserungen:

  • Stromreduktion: von 312 A auf 250 A → 20% weniger
  • Scheinleistung: von 125 kVA auf 100 kVA → 20% weniger
  • Verluste: 36% weniger Leitungsverluste!
  • Keine Strafzahlungen mehr

Investition in Kondensatoren amortisiert sich schnell!

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